Um zu verstehen wie es zu chronischer Erschöpfung
kommt und was man unter Burn Out, Nebennierenschwäche
und dem chronischen/adrenalen Fatigue Syndrom
verstehen kann, müssen wir uns zunächst das Thema Stress
anschauen.
Was genau passiert im Körper wenn wir Stress haben, was ist überhaupt unter Stress zu verstehen und was führt alles zu Stress?
Stressreaktionen versetzen den Körper in eine erhöhte Alarmbereitschaft. Der Sympathikus fährt hoch, das Herz schlägt schneller, der Atem ist beschleunigt, Muskeln spannen sich an und die Pupillen weiten sich.
Vorgänge die in dem Moment eher unwichtig für das Überleben sind fahren runter, wie z.B. die Verdauung, detailreiches Arbeiten und Vorgänge in den Geschlechtsorganen.
Biochemisch gesehen werden Hormone und Neurotransmitter wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin vermehrt freigesetzt. Dies erhöht den Blutdruck, den Blutzucker und die Sauerstoffversorgung von Muskeln und Gehirn.
Was kann alles zu Stress führen?
Während unsere Vorfahren eher in Ausnahmezuständen in Stress gerieten, z.B. wenn sie vorm Säbelzahntiger geflohen sind oder durch Hunger oder Kälte das Überleben fürchten mussten, haben wir heute eine Vielzahl an „Stressoren“ (Faktoren die Stress auslösen), denen wir alltäglich ausgesetzt sind.
Die meisten denken an die Arbeit, wenn sie an Stress denken. Ja, natürlich kann die Arbeit gegebenenfalls ein großer Stressfaktor sein. Der Druck vom Arbeitgeber, der Druck Kunden und sich selber zu genügen, die Angst man könne gekündigt werden oder Aufträge bleiben aus, so das man um seine Existenz fürchten muss.
Tatsächlich ist die Arbeit aber nur einer von vielen Faktoren.
Hinzu kommt die Familie. So lieb wir den Partner und Kinder auch haben, können auch diese Stress auslösen. Konflikte, emotionale Belastungen, „auf Trapp haltende“ Kleinkinder, der Druck eine gute Mutter / ein guter Vater zu sein, die latente Angst es könne den Liebsten etwas passieren... das alles verursacht Stress, auch wenn wir ihn oft gar nicht als solches wahrnehmen.
Ein weiterer Faktor ist der „Freizeitstress“. Hobbys, Freunde treffen, Termine wahrnehmen, Urlaube (wo man möglichst viel in kurzer Zeit schaffen möchte inkl. Zeitumstellung …)
und auch Sport. Während des Sports wird unser Körper aktiv und reagiert, wie in einer Stresssituation, mit dem Ausschütten von Adrenalin etc.
Auch Reizüberflutung
ist Stress für den Körper. Besonders Menschen die in einer Großstadt wohnen haben damit zu tun. Überall Menschen, Verkehr, Reklame, Geräusche.. hier ein Krankenwagen, da der Marktschreier usw.
Der Körper nimmt nichts wahr ohne darauf in irgendeiner Form zu reagieren. So auch wenn wir Medien konsumieren.
Nachrichten aus Radio, Zeitung und TV lösen auch die Freisetzung von Hormonen aus. Unser Körper unterscheidet erst mal nicht ob man da direkt betroffen ist oder nur davon liest. Genauso ist es bei Filmen. Emotional aufwühlende Filme und Horrorfilme sind purer Stress für den Körper. Das merkt man ja ganz direkt beim Schauen, dass das gesehene nicht spurlos an einem vorbeigeht. So bekommt man Gänsehaut, Herzklopfen, manchmal muss man weinen, lachen oder hat Angst.
Sicherlich spielen bei vielen Menschen auch die sozialen Medien
eine große Rolle wenn es um Stress geht. In kürzester Zeit liest man unglaublich viele Infos, News und Geschichten von Bekannten sowie Fremden. Zudem spielt bei einigen auch das Thema Selbstdarstellung rein. Wie präsentiere ich mich und was denken die anderen über mich?
Wo wir beim Thema Selbstwertgefühl
wären. Auch der Druck dem Schönheitsideal entsprechen zu wollen, kann zu Stress führen. Besonders wenn dies noch mit hungern bzw. Diäten verbunden ist. Diäten
(und damit meine ich keine angemessene Ernährungsumstellung) sind ein riesen Stressor. Hunger bedeutet für den Körper Lebensgefahr und so wird wieder vermehrt Cortisol ausgeschüttet (was nebenbei erwähnt kontraproduktiv für das Abnehmen ist).
Ein anderer „Stressverursacher“ sind Entzündungen. Wenn wir irgendwo im Körper eine Entzündung haben, ist auch hier der Körper in Alarmbereitschaft. Und wieder wird Cortisol ausgeschüttet- denn dieses wirkt Anti-Entzündlich und schmerzlindernd. Manchmal kommt es zu „stillen Entzündungen“ die gänzlich unbemerkt verlaufen, aber latent über Wochen, Monate oder sogar Jahre einen Stressfaktor darstellen.
Weitere Beispiele für Stressoren sind Angst, Traumata, Trauer
und auch Geburten.
Ihr seht wie vielfältig Stressfaktoren sein können und das sie aus unserem Leben nicht komplett zu verbannen sind. Das wollen wir auch gar nicht. Akute Stressreaktionen sind auch gar nicht das große Problem. Wenn man durch einen Fallschirmsprung, eine anstrengende Sporteinheit oder einen Horrofilm mal eine kurzfristige Stressreaktion hat, ist das kein Thema so lange sie schnell wieder vorbei geht und der Körper runter fahren darf. Das wirkliche Problem ist der latente Dauerstress. Während in akuten Situationen vor allem das Adrenalin und Noradrenalin eine Rolle spielen, ist es bei chronischen Stress eher das Cortisol.
Die Nebennieren
sitzen wie „Hütchen“ auf unseren Nieren drauf. Von der Funktion her haben sie aber recht wenig mit den Nieren zu tun, stattdessen stellen sie wichtige Hormondrüsen dar.
Im Nebennierenmark werden Adrenalin und Noradrenalin gebildet, in der Nebennierenrinde Aldosteron, Androgene und das Cortisol. Für das Thema dieser Inforeihe ist vor allem das Cortisol wichtig.
Im letzten Abschnitt habe ich euch aufgezeigt, was alles in unserem Körper Stress auslösen kann und damit die Cortisol Produktion anregt. Wenn es zu chronischen Stress (im Übermaß) kommt, wird also ständig Cortisol ausgeschüttet und die Nebenniere wird sozusagen „Überstimuliert“, bis sie schließlich erschöpft ist. Die Nebennierenschwäche
kann man in vier Stadien einteilen.
1. Kompensationsphase
2. Schwächephase
3. Erschöpfungsphase
4. Insuffizienz
In der ersten Phase
ist die Nebenniere zwar schon geschwächt, überkompensiert allerdings den anhaltenden Stress meist mit einer vermehrten Cortisol-ausschüttung. Das heißt, dass der Cortisol-Wert im Labortest auch oft erhöht ist. Zu viel Cortisol bedeutet aber keineswegs das man sich fit fühlt und nervlich gut belastbar ist, sondern das Gegenteil. Erhöhtes Cortisol kann genauso Probleme machen wie zu wenig. Und so kommt es oft auch schon in diesem Stadium zu Erschöpfungssymptomen, Müdigkeit, depressiven Verstimmungen, Schlafstörungen, schlechter nervlicher Belastbarkeit und typisch ist auch völlige Erschöpfung während oder nach dem Sport, sowie innere Unruhe.
Da unsere Hormone alle eng miteinander verknüpft arbeiten, können jetzt auch schon andere Organe bzw. Hormonsysteme in Mitleidenschaft gezogen werden.
Besonders betroffen sind die Sexualhormone, denn diese teilen sich mit dem Cortisol ein Vorläuferhormon. Um den hohen Stresslevel gerecht zu werden, „will“ die Nebenniere möglichst viel Cortisol produzieren und baut die ganzen Vorläuferhormone ins Cortisol um. Nur leider bleibt dann nichts mehr übrig für die Sexualhormone. So sind Libidoverlust, Zyklusstörungen, ausbleibender Eisprung und unerfüllter Kinderwunsch mögliche Folgen.
In der zweiten Phase
ist das Cortisol meist zu niedrig, kann aber auch im Tagesverlauf noch manchmal im Normbereich sein. Die Symptome können so ähnlich aussehen wie in der ersten Phase, hinzu kommen können noch: Infektanfälligkeit, Gewichtsprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, Haarausfall und Unterzuckerungssymptome.
In der dritten Phase
ist das Cortisol dauerhaft zu niedrig. Die Symptome aus Phase 1 und 2 sind jetzt deutlich stärker. Der Patient kommt kaum mehr aus dem Bett und schafft es meist weder zu arbeiten noch den Alltag irgendwie zu meistern. Oft fallen hier die Diagnosen Depression oder Burn Out, da die Nebennierenschwäche diesen sehr ähnelt bzw. auch mit ihnen Hand in Hand gehen kann.
In der äußerst seltenen vierten Phase
spricht man von einer Nebenniereninsuffizienz (NNI) bzw. einem kompletten Funktionsverlust. Diese Phase kann man allerdings nicht wirklich als Folge von den anderen drei Phasen sehen, denn sie entsteht entweder als primäre NNI (Morbus Addison, Krankheit mit verschieden Ursachen wie z.B. Autoimmunprozesse) oder sekundär als Nebenwirkung von einer Therapie mit hochdosierten Cortison. Die NNI ist potentiell lebensgefährlich.
Die Begriffe „Chronisches Fatigue Syndrom“
und „Adrenales Fatigue Syndrom“
beschreiben ebenfalls die Zustände von chronischer Erschöpfung. Der Begriff „Adrenales Fatigue Syndrom“ bedeutet „Nebennieren-Erschöpfungs-Syndrom“ und ist als Synonym für die Nebennierenschwäche zu sehen. Das „Chronische Fatigue Syndrom“ wird für chronische Erschöpfungszustände allgemein gebraucht, auch wenn diese erst mal nicht mit der Nebenniere in Verbindung stehen.
Das "Burn-Out Syndrom" wiederum beschreibt auch eine chronische Erschöpfung, die aber vorrangig auf Stress am Arbeitsplatz zurück zu führen ist. Oft gehen Nebennierenschwäche und Burn-Out allerdings Hand-In-Hand bzw. bedingen sich gegenseitig.
Was tun bei einer Nebennierenschwäche?
Das wirksamste ist gleichzeitig das offensichtlichste: Eure eigenen Stressoren erkennen und reduzieren. Ich weiß, leichter gesagt als getan. Aber wenn ihr mit kleinen Dingen anfangt wie z.B. aufhört die schlechten Nachrichten in der Zeitung zu lesen oder keine Angst machenden Filme mehr schaut, ist das schon mal ein erster Schritt.
Wenn ihr Familie habt und die Kinder einen Stressfaktor darstellen, kann (und möchte) man diesen natürlich nicht ausradieren. Aber seid euch bewusst: Ihr könnt nur für Andere sorgen, wenn ihr für euch selbst sorgt. Seid ihr gestresst und erschöpft, seid ihr auch angespannter im Umgang mit dem Partner, Kindern, Eltern usw. Versucht euch Freiräume zu schaffen.
Weitere Dinge die ihr im Lebensstil beachten könnt:
Meidet Fast-Food
im wahrsten Sinne des Wortes also „schnelles Essen“. Dieses mal eben zwischen Tür und Angel ein Brötchen „reinstopfen“, am besten noch mit einem Kaffee To Go ist purer Stress für den Körper.
Koffein generell regt die Cortisol-Ausschüttung an, dadurch macht es wach.
Daher sollte bei einer Erschöpfung / Nebennierenschwäche Koffein unbedingt reduziert bzw. gemieden
werden, denn auch wenn er kurzfristig evtl. noch eine „pushende“ Wirkung hat, ist die Erschöpfung danach umso größer. Koffeinfreier Kaffee kann auch sehr genussvoll sein.
Meidet außerdem Nahrungsmittel die Entzündungen verursachen können, wo ihr merkt ihr vertragt sie nicht oder wo eine allergene Wirkung bekannt ist, wie z.B. Gluten- oder Laktosehaltige Speisen.
Zudem solltet ihr mit sportlichen Aktivitäten sparsam sein. Wahrscheinlich werden diese euch sowieso sehr schwer fallen. Gönnt eurem Körper lieber leichte körperliche Betätigung, in Form von Spaziergängen oder leichten Yoga.
Diese Tipps können schon eine Linderung der Beschwerden bewirken. In manchen Fällen von chronischer Erschöpfung ist es aber durchaus notwendig genauer hin zu schauen und individuell zu therapieren.
In meiner Praxis ist die Behandlung von Erschöpfung / Burn Out / Nebennierenschwäche ein Schwerpunkt.
Mit Hilfe einer ganzheitlichen Anamnese und ggf. einem Cortisol-Tagesprofil (Labordiagnostik) erstelle ich einen auf euch zugeschnittenen Therapieplan, mit dem Ziel aus der Erschöpfung wieder in eure Kraft zu finden!